Erweiterung der notariellen Online-Verfahren
Nach der erfolgreichen Einführung der Online-Beurkundungsverfahren im Jahr 2022 wird der gesetzliche Anwendungsbereich der Online-Verfahren im Gesellschaftsrecht zum 1. August 2023 erweitert: Nun können auch Anmeldungen zum Vereinsregister digital erfolgen. Ebenso lässt der Gesetzgeber die Gründung einer GmbH unter Einbringung einer Sacheinlage (Sachgründung) im Online-Verfahren zu sowie spätere beurkundungspflichtige Vorgänge, wie einstimmige Beschlüsse zur Änderung des Gesellschaftsvertrags oder über Kapitalmaßnahmen (Erhöhungen oder Herabsetzungen des Stammkapitals). Die hierfür notwendige Übernahmeerklärung durch die Gesellschafter kann ebenfalls digital erfolgen.
Bürgerinnen und Bürger müssen für die genannten Vorgänge also nicht mehr die Notarin oder den Notar vor Ort aufsuchen. Stattdessen kann die Beurkundung bzw. Beglaubigung in einer Videokonferenz mit der Notarin oder dem Notar von überall aus vorgenommen werden. Benötigt werden ein Smartphone mit der kostenfreien Notar-App, ein Computer oder Tablet sowie ein gültiges Ausweis- und Lichtbilddokument.
Die notariellen Online-Verfahren in Deutschland genügen hierbei den höchsten Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit, sodass die Vertraulichkeit der Daten genauso wie beim Notarbesuch vor Ort gewährleistet bleibt. Denn das in Deutschland zugelassene Videokommunikationssystem wird von der Bundesnotarkammer und damit in staatlicher Verwaltung betrieben (erreichbar unter: online-verfahren.notar.de), sodass die sensiblen Daten der Bevölkerung geschützt sind und das höchste Maß an Integrität gewährleistet ist.
Auch die Identifizierung erfüllt die höchste Sicherheitsstufe. Dazu wird die Online-Funktion des Personalausweises genutzt, der mit der Notar-App über das Smartphone ausgelesen wird. Alle zur Identifizierung notwendigen Daten werden direkt aus dem Chip des Ausweises ausgelesen, auf technische Manipulation überprüft und der Notarin oder dem Notar sodann zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus wird im Beurkundungstermin zusätzlich das Lichtbild aus dem amtlichen Ausweis ausgelesen und ein Abgleich durch die Notarin oder den Notar vorgenommen (zweistufiges Identifizierungsverfahren). „Im Gegensatz zum viel kritisierten Video-Ident-Verfahren, bei welchem das Ausweisdokument nur in die Kamera gehalten wird, ist damit ein Vortäuschen einer falschen Identität nicht möglich. So können wir auch in der digitalen Welt Identitätsdiebstahl und Geldwäsche verhindern“, so Bormann. Transparenz im unternehmerischen Rechtsverkehr sowie die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sind gerade in Zeiten des Angriffs Russlands auf die Ukraine und zunehmender organisierter Kriminalität von zentraler Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Digitale Lösungen im notariellen Bereich in anderen Staaten erreichen dieses Maß an Rechtssicherheit nicht. Die Videoplattformen werden dort, wie etwa in Österreich, häufig von privaten Unternehmen betrieben, die keiner staatlichen Aufsicht unterliegen. Für die Identifizierung lassen diese Anbieter es oft ausreichen, einen Ausweis lediglich in die Kamera zu halten. Die auf diesem Weg erstellten Urkunden werden daher in Deutschland zu Recht nicht anerkannt, Verbraucherinnen und Verbraucher gehen daher ein hohes Risiko bei der Inanspruchnahme solcher Angebote ein.